Aus dem Allende-Viertel: "Bin ich Kino?"
Es war vor etwa vier Jahren. Von einem Spaziergang kommend, schlenderten mein Mann und ich die Salvador-Allende-Straße herunter, an Lidl vorbei. Gedankenverloren bemerkte ich mehr unbewusst einen kleinen Jungen, vielleicht sieben oder acht Jahre alt, der wie wir schlendernd, uns entgegenkam. Offensichtlich wollte er zurück zum „Allendeheim“, dem Wohnheim für Geflüchtete gleich hinter Lidl. Als er näher kam, betrachtete ich ihn interessiert.„Bin ich Kino oder was?“ fragte der kleine Kerl da plötzlich, als wir auf gleicher Höhe waren.Wir mussten lachen und freuten uns über das Selbstbewusstsein und die Schlagfertigkeit des Jungen.Bis heute müssen wir schmunzeln, wenn wir daran denken, haben uns aber auch gefragt, warum den Jungen unser Ansehen störte. Der Mensch beginnt nun mal seine Kommunikation mit der Umwelt durch das Sehen. Ansehen ist doch zunächst nichts anderes als Aufmerksamkeit, Interesse, Neugier, Bewunderung unter Umständen.All dies wollte er offenbar nicht. Er wollte nicht besonders bemerkt werden. Er wollte alltäglich, normal behandelt werden, wie etwas, das dazugehört. Welche persönliche Erfahrung, welche der Familie, seiner Landsleute vielleicht, fragten wir uns, mochte sich hinter dieser Reaktion des etwa siebenjährigen Knirpses verbergen?
Dieser Text entstand im Rahmen der Ausstellung "sprach-fähig" von BENN (Berlin Entwickelt Neue Nachbarschaften) im Allende-Viertel im Rahmend er Internationalen Wochen gegen Rassismus. Viele Nachbar*innen aus dem Kiez haben mitgemacht und ihre Geschichte geteilFoto: (Copyright) Leona Fritsche
Katha koordiniert InteraXion, Willkommensbüro und Wohnraumberatung für Menschen mit Migrations- und Fluchterfahrung in Treptow-Köpenick. Sie begleitet RawafedZusammenfluss von hauptamtlicher Seite. Journalistische Erfahrung konnte sie durch verschiedene Projekte der Jugendpresse und dem Studierendenmagazin UnAufgefordert sammeln. Wenn sie nicht nach neuen Geschichten sucht, tummelt sie sich in Boulderhallen.
Katha coordinates InteraXion, the welcome office for migrants* and refugees in Treptow-Köpenick and accompanies RawafedZusammenfluss through her work. She gained journalistic experience through various youth press projects and the student magazine UnAufgefordert. When she is not looking for new stories, she spends her time in bouldering halls.